Stuttgart drückt aufs Gaspedal – aber mit Handbremse in Griffweite

Stuttgart will bauen, und zwar schneller. Der „Bauturbo“, offiziell das Gesetz zur Beschleunigung des Wohnungsbaus und zur Wohnraumsicherung, soll nun auch in der Landeshauptstadt Fahrt aufnehmen. Dahinter steckt ein deutliches Ziel: Bauprojekte sollen zügiger ermöglicht werden, ohne jedes Mal langwierige Planänderungsverfahren anzustoßen.
Was sich trocken anhört, könnte in der Praxis einiges bewegen. Kommunen dürfen künftig in mehreren vergleichbaren Fällen vom bestehenden Bebauungsplan abweichen – solange Nachbarn und Umwelt nicht darunter leiden. Rechtsgrundlage sind die neuen Paragraphen § 31 Abs. 3, § 34 Abs. 3b und § 246e BauGB. Letzterer, der eigentliche „Bauturbo“, erlaubt befristete Sonderregelungen bis Ende 2030, sogar wenn Projekte punktuell außerhalb der bisherigen Planvorgaben liegen.
Wo Stuttgart Potenzial sieht
Im Innenbereich sucht die Stadt nun aktiv nach Gebieten, in denen solche Befreiungen sinnvoll sind. Im Gespräch sind zusätzliche Wohnhäuser in Mischgebieten, die längst überwiegend zu Wohnquartieren geworden sind, oder gezielte Nachverdichtungen in Kleinhausgebieten. Selbst aufgegebene Kirchengrundstücke könnten ohne neue Bebauungspläne zu Wohnraum werden. Die Verwaltung prüft aktuell, wo genau solche Potenzialflächen liegen.
Aber: Kein Freifahrtschein
Trotz des Tempos bleibt Stuttgart vorsichtig. Die Grenzen sind klar: Nachbarschutz, Umwelt- und Naturschutz gelten weiterhin. Gerade in einer Stadt, in der viele Flächen unter Landschafts- oder Artenschutz stehen, wird der Bauturbo im Außenbereich nur selten greifen. Jede Genehmigung muss zudem eine Umweltprüfung durchlaufen – Versiegelung, Klimaresilienz, Artenschutz: all das bleibt auf dem Prüfstand.
Eine formelle Öffentlichkeitsbeteiligung ist nur dann vorgesehen, wenn ein Vorhaben die städtebauliche Struktur eines Quartiers spürbar verändern würde.
Pragmatismus statt Schnellschuss
„Der Bauturbo soll kein Freifahrtschein sein, sondern ein Werkzeug“, heißt es aus dem Rathaus. Stuttgart wolle den gesetzlichen Spielraum nutzen – pragmatisch, aber mit Augenmaß. Am Ende soll es darum gehen, schneller und gezielter dort Wohnraum zu schaffen, wo er wirklich fehlt.
(Quelle: Immobilienbrief)

